50 Wissenschafterinnen, allesamt Trägerinnen des renommierten Käthe Leichter-Preises, setzen sich für die Stärkung der feministischen Wissenschaft und die konsequente Einbindung feministischer Perspektiven in den demokratiepolitischen Diskurs ein. Außerdem fordern sie die Umsetzung der im Regierungsprogramm angekündigten Zeitverwendungsstudie. In der Studie sollen die Lebensrealitäten der Frauen abgefragt werden, um genauere Zahlen zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit zu bekommen. Diese Datengrundlage ist aus Sicht der Expertinnen die Voraussetzung für eine solide Gleichstellungspolitik. In Österreich wurde die letzte Zeitverwendungsstudie vor zehn Jahren (2008/09) durchgeführt. »Bei der Covid-19-Krise hat sich die strukturelle Schwäche Österreichs deutlich gezeigt, die Krise trifft die Schwächsten in unserer Gesellschaft besonders hart. Arbeiterinnen und in systemrelevanten Berufen tätige Menschen dürfen nicht mit Einmalzahlungen abgespeist werden. Die Regierung hat bisher keine bzw. die falschen Ableitungen getroffen«, so die Initiatorinnen der Bewegung Traude Kogoj, Ingrid Moritz und Anna Steiger.

Katharina Mader, die am Institut für Heterodoxe Ökonomie der WU Wien tätig ist, stellt in ihrer neuesten Studie über genderspezifische Effekte von Covid-19 fest: »Krisen wie die aktuelle wirken immer wie Vergrößerungsgläser. Es zeigen und verstärken sich Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern, aber auch zwischen Klassen, zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund usw. Unsere Ergebnisse zeigen die Doppel- und Dreifachbelastungen von Frauen im Zuge des Lockdowns, denn offensichtlich haben die zugehörigen Partner nicht gefunden, dass die Hälfte der unbezahlten Arbeit im Haushalt und bei der Kinderbetreuung ihnen gehört. Wir stellen fest, Emanzipation hat nicht so stattgefunden wie wir bisher gedacht haben. Wenn eine Gesellschaft nach mehr Geschlechtergerechtigkeit strebt, dann muss es ganz wesentlich um eine Umverteilung der unbezahlten Arbeit im Privaten gehen.«

Und Edeltraud Ranft, Käthe-Leichter Staatspreisträgerin 1995, fordert eine Neubewertung der Arbeit: »Dem vorübergehenden Beklatschen und über die eventuelle aktuellen Bonsuszahlungen hinaus müssen gezielt Aufwertungsstrategien (sowie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen) folgen. Unerlässlich dabei ist, die Bewertungs‐ und Entgeltssysteme einer diskriminierungskritischen Prüfung zu unterziehen, um konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungen zu haben.«

Header: Traude Kogoj © Sebastian Freiler